Ein Tag der Aufräumarbeit (1/2)
Bekommt man ein Haus vererbt klingt das im ersten Moment ziemlich gut. Wird es aber betreten, fallen die ersten Sachen auf die einen stören. Vor allem wenn es sich um ein Haus handelt, welches zwanzig Meilen von der nächsten Stadt entfernt ist. Träge wie ein Zombie schlurfte John völlig verpennt von seinem Schlafzimmer direkt ins Badezimmer. Es hatte bis tief in die Nacht gedauert jeden Winkel des Hauses und der Umgebung nach spitzen, kleinen Dingen abzusuchen die der Hund verschlucken könnte. Auch musste er dafür sorgen, dass sein neuer Schützling nicht ausbückste. In der Wildnis ausserhalb gibt es seit jeher so manche Schlangen die liebend gern Welpen fressen. John wischte sich über die Augen und betrachtete sich selbst im Spiegel. Die Grundausbildung und die letzten zwei Jahre haben ihre Spuren hinterlassen... erstmal rasieren. Im Gegensatz zu seinem jugendlichen 'Ich', war er kräftig, ausdauernd und sah nackt gut aus. Während seiner Schulzeit hatte er nichts besseres zu tun als das Rebellentum zu leben, seine Lehrer zu verspotten und die neuesten Spiele auf seinem Rechner zu zocken. Ein dünner, kleiner Klugscheißer. Die Laufbahn seines Vaters, die eines Soldaten, einzuschlagen war das Einzige was ihn irgendwie gereizt hatte. Ohnehin hatte er nie großartig an seine Zukunft gedacht.
John mischte den Rasierschaum an und bestrich seine Wangen, Kinn und Hals damit. Anschließend zückte er das Rasiermesser. Ah, Mist... ich muss es noch über den Riemen ziehen. Gedanklich seufzte er. Ich bin wirklich kein Frühaufsteher. Er zog das Messer über den an der Seite hängenden Lederriemen, wiederholte dies etwa fünf Mal, ehe er sich im Spiegel betrachtete und mit der Rasur begann. Er hatte seit drei Jahren kein Computerspiel mehr angefasst. Nicht nachdem er seinen PC und Bildschirm mit einer Axt zerlegt hatte. Er hatte auch nicht vor daran etwas zu ändern. Geschickt schwang John die Klinge über seine Haut, befreite sie mit etwas Watte von den Überresten und zog das Messer erneut über den Riemen, ehe er es aufgeklappt liegen ließ. Sein Gesicht wischte er sich mit einem Handtuch sauber, welches er irgendwann einmal an einem Flughafen nach einem Auslandseinsatz gekauft hatte. Er konnte sich kaum noch daran erinnern. Der Mann schnappte sich das Rasiermesser und ging zurück in sein Schlafzimmer, wo er die Klinge zwischen zwei Bücher auf einen Wandschrank legte, damit sie 'ruhen' konnte. Es war sinnvoll dies nach jeder Rasur zu tun. Bis in vierundzwanzig Stunden., sprach er in Gedanken zu dem Messer und marschierte zurück ins Bad, wo er seine Unterhose auszog und unter die Dusche sprang.
Er hatte bisher keinerlei Wunden davongetragen. Einmal wurde er angeschossen, was die Weste jedoch hervorragend abgefangen hatte. Die einzigen Narben waren die zwei in seinem Gesicht von denen er nicht mehr wusste woher sie stammten und die Narbe an der linken Bauchseite. Als seine Mutter krank wurde, spendete er eine Niere. Letztendlich hatte ihr das jedoch auch nur etwas Zeit verschafft. Menschen hält man besser auf Abstand., dachte er, während er wie immer ein Drei in Eins Duschgel von Adidas, welches einen Limettengeruch hinterließ, in sein Haar rieb. Nach der Dusche zog er sich eine Anzughose an, Socken und ein grauweiß gestreiftes Hemd. Er kämmte sein Haar zurück, sodass es ihm nicht auf der Stirn oder in den Augen hing und öffnete die Tür zum Wohnzimmer. Es war noch genau so eingerichtet wie seine Eltern es ihm hinterlassen hatten und der Welpe lief mit wedelndem Schwanz auf ihn zu. "Heh, Fussel!", begrüßte John ihn und kniete sich nach unten um das Fell des Bernhardiners in Unordnung zu bringen. "Wie war deine erste Nacht hier? Du hast doch bestimmt Hunger... sehen wir mal, was ich für dich habe." Er marschierte zu seiner recht leeren Speisekammer und schüttete drei Messbecher von dem Trockenfutter in Fussels Schüssel.
Anschließend füllte John noch die Wasserschüssel auf und stellte sich mutig dem Chaos seines Dachbodens entgegen.